08.12.2009

Wiedermal eine Busreise - "The end"

Dimitri hat natürlich sofort gemerkt, dass sein Fahrgast wahrscheinlich ein немец ist. Der немец wollte sich nämlich als erstes anschnallen. Dimitri ist Taxifahrer, der немец war ich und das Taxi ein Lada Samara. "не нужно" - Brauchen wir nicht! Ist schon ein komisches Volk, die "немец"-en. Vollkommen uncool. Uncool war auch das Taxi. Lada´s sind für den slawischen Winter optimal konstruiert, die Heizleistung ist schlicht schweißtreibend.

Der Bus hatte ein deutsches Kennzeichen (aus irgendwelchen Gründen empfand ich das ziemlich beruhigend :=). Der Abschied von Irina und Kharkov war kurz und schmerzlos. Tränen gab es keine. Schuld daran war Igor Pechstein, der mich sehr herzlich als alten Bekannten begrüßte. Igor kannte ich von der Fahrt nach Kharkov, Igor war nach den traditionellen Verabschiedungszeremonien ziemlich besoffen und er war Jude. Wie alle Juden braucht er für Deutschland kein Visum, wohnt in München und ist Geschäftsmann. Wie alle Juden.

Der Bus mit deutschen Kennzeichen und ukrainischen Fahrern hatte eine aktuelle deutsche TÜV-Plakette und aus diesem Grund keine Havarie und war ziemlich schnell unterwegs. Das wiederum wußten die polnischen Grenzer. Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, nämlich dass ein deutscher Bus mit ukrainischen Fahrgästen und einem mittvierziger Russisch-Studenten überpünktlich Deutschland erreicht, ließen sie sich feiern; die polnischen Grenzer, 3 Stunden lang.
Interessanterweise sind die Einstellungsbedingungen für Frauen bei den polnischen und ukrainischen Behörden dieselben. Voraussetzung bei beiden sind deutliches Übergewicht, ein zur Faust geballtes Gesicht und schlechte Laune.
Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass die deutsche Grenze dank polnischer Grenzerinnen im Osten ziemlich sicher ist.

Der Rest ist schnell dokumentiert:

Ich sah das schönste Klo-Häuschen Mitteleuropas,










hatte feudale Mahlzeiten








und sah nach schlaflosen 36 Stunden etwas schlaflos aus und die Heimat wieder.
Erstaunlicherweise empfand ich das nicht unbedingt als ein gemütsbewegendes Ereignis.
OK, da waren auf einmal weiße Streifen auf den Straßen. Autos bewegen sich nach Heeresdienstvorschrift, keiner hupt , keiner macht eine dritte Spur auf, alle respektieren rote Ampeln und sind angeschnallt. Alles auf einmal schön ordentlich und sauber, Straße gekehrt, Gardinen frisch gewaschen, Weihnachtsstern im Fenster. Benzin einsdreiunddreißig, Zigaretten vier Euro. Regen.
DEUTSCH eben.
Man sieht, es geht wieder aufwärts in Deutschland...
sicher und seelenlos !

Mein Herz ist in Charkov geblieben. In der Ukraine.
Bei diesen verrückten liebenswerten Menschen mit all ihren vielen kleinen Schwächen und großartigen Stärken. Sie sind freundlich, sie sind hilfsbereit, sie sind stolz auf ihr Land; ein Land das auf dem Reißbrett entstand, das Armenhaus Europas, Spielball der Weltmächte und korrupter Politiker.

Meine Seele ist auch in Charkov geblieben.
Weil ich hatte noch etwas davon. Und...
eine Ukrainerin hat mich geküsst.

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